Gasverbrauch in Forschungsgewächshäusern unter 40% des praktischen Durchschnitts

Die Energieeinsparung hat eine harte Grenze

Die Fortschritte bei energiesparenden oder sogar -produzierenden Gewächshäusern sind regelmäßig in den Nachrichten. Der Forscher Frank Kempkes erzählt über die Linie in den Projekten des IDC Energie, Teil des Programms „Gewächshaus als Energiequelle“. Was wurde erreicht, was ist noch möglich und wo liegen harte Grenzen.

Noch drei Jahre bis 2020: Das Jahr, in dem neue Gewächshäuser in den Niederlanden energieneutral sein können müssen.
Des Weiteren müssen dann für bestehende Gewächshäuser Verfahren verfügbar sein, wodurch sie im Vergleich zu 2011 mit der Hälfte der Energie auskommen können. Es sind immer noch sehr ambitionierte Zielsetzungen des Programms „Gewächshaus als Energiequelle“.
Sie bilden den Kern der „Mehrjahresvereinbarung Energiewende Gewächshauskultur“, unterzeichnet vom Staat und von der Wirtschaft.

Energieanforderungen für Einzelhändler

Es begann sofort nach der Jahrtausendwende mit dem Wettbewerb „Das Gewächshaus als Energiequelle“.
Der Gedanke war, dass die Gewächshauskultur, Großverbraucher von Erdgas, über einen Innovationssprung zu einem Sektor umzugestalten sei, der Energie an Dritte liefert. Dieses, ebenfalls von der Politik vorgegebene Ziel wurde im Laufe der Zeit auf einen realistischen Ansatz reduziert. Konzepte wie das energieproduzierende Gewächshaus, Sunergykas und das Flowdeckkas wurden aufgegeben, wobei die gesammelten Erfahrungen in die auf die Gartenbaupraxis zugeschnittenen Ansätze eingegangen sind. Von der Wirtschaft unterstützt und kritisch verfolgt arbeitet das IDC Energie in Bleiswijk (siehe Rahmen) ständig an Techniken zur Reduzierung des Energieverbrauchs und zur ökologischen Umgestaltung der restlichen Menge.
Der Staat und die Wirtschaft haben mit dem Programm „Gewächshaus als Energiequelle“ die Entwicklung energiesparender Gewächshaus- und Anbaukonzepte gefördert. Aber mittlerweile sehe man auch, dass Abnehmer von Gemüse, Obst und Blumen im Einzelhandel über Anforderungen im Energiebereich nachdächten, stellt Frank Kempkes, Forscher an der Hochschule Wageningen University & Research und zugleich Projektleiter bei IDC Energie, fest. Gründe, mit der Innovation fortzufahren.

Raumlufttechnikkästen

Das Gewächshaus mit dem niedrigsten Energieverbrauch ist immer noch das VenlowEnergyKas. Es hat eine Doppelglasdecke, wobei drei Glasseiten mit einer Antireflektionsbeschichtung sowie mit einer Beschichtung versehen sind, die die Infrarotemission reduziert. Raumlufttechnikkästen sorgen für Entfeuchtung mit einer Ausgleichslüftungsanlage, in der eingehende trockene Außenluft mit der ausgehenden feuchten Gewächshausluft erwärmt wird.

Eine unbelichtete Tomatenzucht kommt in diesem Gewächshaus mit 12,5 m3 Gas je m2 aus; dabei handelt es sich um 40% des praktischen Durchschnitts.
Es müssen jedoch ca. 12 kg reines CO2 angekauft werden, um die Produktion auf praktischem Niveau zu halten, da im Sommer kaum noch Rauchgas-CO2 erzeugt wird.

„Aber der hohe Dämmgrad dieses Gewächshaustyps hat auch Minuspunkte”, gibt Kempkes an: „Der Selbstkostenpreis des Glases ist sehr hoch und beim aktuell niedrigen Energiepreis führt dies zu einer sehr langen Amortisationszeit.
Des Weiteren gibt es das Schneeproblem: Liegt Schnee auf dem Dach, lässt er sich bei dieser Glaskombination kaum noch wegschmelzen. Dadurch wird es dunkel im Gewächshaus und des Weiteren kann die Schneeschicht ein enormes Gewicht annehmen.”

Gute Anbauergebnisse

Diese Punkte wurden bei der Entwicklung des folgenden Konzepts berücksichtigt: das 2SaveEnergy-Gewächshaus.
Dort wurde das Doppelglasdach durch eine Kombination von Glas auf der Außenseite und einer hochdurchlässigen, permanenten Folie (F-Clean) auf der Innenseite ersetzt. „Dadurch wird die Investition wesentlich reduziert und durch einen cleveren Trick kann der Dämmgrad bei Schneefall vorübergehend gesenkt werden, um den Schnee abschmelzen zu können“, erläutert er.
Dieses Gewächshaus wurde in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft ein Jahr auf die grundsätzliche Machbarkeit getestet.
„Es stellte sich heraus, dass das Gewächshaus sehr gute Anbauergebnisse zeitigte, aber der Energieverbrauch mit 15,5 Kubikmeter jedoch etwas höher liegt”, sagt er. Grund dafür war, dass, im Gegensatz zum VenlowEnergyKas die Entfeuchtungsanlage bisher keine Wärmerückgewinnung enthielt. Deswegen wurde das Gewächshaus jetzt zum 2SaveEnergy Plus Gewächshaus umgestaltet. Es ist jetzt ein Hochisolations-Gewächshaus mit einer Entfeuchtungsanlage, die das IDC früher bereits mit Erfolg erprobt hat. Dabei wird nicht nur der fühlbare Wärmeverlust der Entfeuchtung wiedergewonnen, wie z.B. beim VenlowEnergyKas, sondern auch die latente Wärme.
Die Anlage basiert auf der Kondensation von Feuchtigkeit auf einer kalten Oberfläche sowie der direkten Anwendung der Wärme, die beim Kühlen dieser Oberfläche für die Heizung des Gewächshauses frei wird.

Dämmgrad erhöhen

Des Weiteren sieht Kempkes noch verschiedene weitere Anhaltpunkte: „Wir können beim Dämmgrad durch den Einsatz von drei Schirmen noch einen Zahn zulegen: zwei Aluschirme (mit einem hohen Isolationswert und einem niedrigen Emissionswert) und ein transparentes Tuch“, legt er dar.
Im Winter muss das Gewächshaus nicht wegen Feuchtigkeit gelüftet werden: es entweicht dann keine Wärme und der gesamte CO2 bleibt im Innern.
Der Forscher schätzt, dass sich mit diesen Anpassungen einen Verbrauch von 12 m3 Gas je m2 realisieren lässt.
Eine noch weitere Senkung muss dann noch den Anbauanpassungen entspringen. Kempkes: „Aktuell lässt ein Tomatenzüchter die Temperatur stark ansteigen und wirft die Fenster in den frühen Nachtstunden wieder auf, um eine schnelle Kühlung zu erreichen, was als generative Maßnahme gesehen wird. Später in der Nacht muss er dann wieder aufheizen.
Wir möchten das nächtliche Abkühlen unterlassen, sodass man beim erneuten Aufheizen weniger Gas verbraucht.
Das wird sicherlich zu Diskussionen mit den Züchtern führen; Einsparen ist nützlich, aber letzten Endes muss eine gesunde und starke Pflanze gezüchtet werden.“

Grundenergiebedarf

Bei der letztgenannten Maßnahme dürfte man noch ein Kubikmeter einsparen können, aber irgendwo befindet sich eine harte Grenze.
Sie wird durch die Merkmale der Gartenbaupflanzen bestimmt. „Ein Großteil des Energieverbrauchs ist für die Verdunstung erforderlich. Die kann man noch etwas reduzieren, indem man den Energiewirkungsgrad erhöht oder bei einer noch höheren Luftfeuchtigkeit züchtet, aber beides hat auch Nachteile.”
Das bedeutet, dass es immer ein Grundenergiebedarf übrigbleibt; es handelt sich im Gartenbau schließlich fast immer um wärmeliebende Pflanzen, die ebenfalls in der Lage sind, Wasser zu verdampfen. Es sei jedoch durchaus möglich, diesen restlichen Energiebedarf CO2-neutral zu gestalten, gibt er an. Mit Erdwärme beispielsweise, oder mit einer Wärmepumpe.
Letztere verbraucht allerdings Strom, aber das lässt sich bequem ökologisch umgestalten.

Hohe Lichtintensität

Neben den Energieeinsparungskonzepten finden noch zwei weitere Gewächshaustypen ihren Ursprung im IDC Energie:
Das Winterlicht-Gewächshaus und das Tageslicht-Gewächshaus. Das Tageslicht-Gewächshaus überträgt die Energie des überflüssigen Sonnenlichtes auf Wasser. Dabei wird eine Fresnel-Linse verwendet, die das direkte Sonnenlicht in dünnen Brennlinien konzentriert. Genau in diesen Brennlinien hängen schwarz lackierte Rohre, die mit Wasser gefüllt sind, das durch die Strahlung erwärmt wird. Die Linsen befinden sich zwischen Doppelglas, das für einen hohen Dämmwert sorgt.

„Man erntet 35 bis 40 Prozent der direkten Sonnenstrahlung in Form von Warmwasser und senkt damit die Wärmebelastung des Gewächshauses; die Fenster müssen nicht so weit geöffnet werden und die Pflanze erhält gutes, diffuses Licht. Die Folge ist jedoch, dass man Licht verliert. Das ist nur bei solchen Pflanzen günstig, die keine hohe Lichtintensität vertragen. Damit ist es ein Gewächshaus für eine besondere Zielgruppe”, erzählt er. Ter Laak Orchideeën in Wateringen ist das erste Unternehmen mit einem Tageslicht-Gewächshaus.

Dort wird das heutige Gewächshaus von 3.800 m2 dieses Jahr um 5 ha erweitert.
Das Winterlicht-Gewächshaus zielt darauf ab, durch die angepasste Konstruktion, Glas mit einer möglichst hohen hemisphärischen Durchlässigkeit, einen speziellen, W-förmig montierten Schirm mit einem verbesserten Schirmmaterial und maximal reflektierenden Konstruktionsteilen im Winter möglichst viel natürliches Licht zu nutzen.

Weitere Gewächshauskonzepte

Bei allen bisher genannten Gewächshaustypen handelt es sich um Forschungskonzepte. Bei der Umsetzung dieser Erkenntnisse in die Praxis erhalten sie einen Handelsnamen. Ein gutes Beispiel ist das IDKas, eine praktische Umsetzung des VenlowEnergyKas; das erste wurde bei Duijvestijn Tomaten in Pijnacker gebaut.
Ausarbeitungen der ersten Generation des (halb-)geschlossenen Gewächshauses mit wenig Luftfenstern sind unter anderem das Ultra-Clima-Gewächshaus von KUBO und das ActivAir-System bei Looije Tomaten, die in Zusammenarbeit zwischen Lieferanten realisiert wurden.
Diese Systeme haben sich vor allem im Ausland durchgesetzt, wo die Klimaverhältnisse andere Gewächshauskonzepte erfordern.

Zusammenfassung

Das VenlowEnergyKas ist im Augenblick das Gewächshauskonzept mit dem niedrigsten Energieverbrauch. Dieses Konzept hat Nachteile, die im 2SaveEnergy-Gewächshaus behoben sind, aber der Energieverbrauch liegt etwas höher. Der Forscher Frank Kempkes prüft die Möglichkeiten, den Verbrauch weiter zu reduzieren. Der restliche Verbrauch kann ökologisch gestaltet werden.

IDC Energie

Das Innovatie- & Democentrum Energie testet und präsentiert Gewächshausanlagen, die zu einer drastischen Reduktion des Energieverbrauchs in der Gewächshauskultur beitragen können. Die Forschungsanlage steht auf dem Gelände von Wageningen Universität & Research in Bleiswijk. Im Laufe der Jahre wurden verschiedene Gewächshaustypen entwickelt. Im Augenblick gehören dazu das VenlowEnergyKas, das Winterlicht-Gewächshaus und das 2SaveEnergy Plus Gewächshaus.

Trias Energetica

Beim energiesparsamen Entwerfen wird stets dem Pfad der Trias Energetica gefolgt. Die Strategie stammt aus der Bautechnik und hat folgende drei Schritte, die nacheinander durchlaufen werden:
1. Reduzierung des Energieverbrauchs;
2. Maximale Verwendung nachhaltiger Quellen;
3. Möglichst effizienter Einsatz fossiler Brennstoffe für die restliche Energienachfrage.
Im Gartenbau finden gleichzeitig Innovationen in allen drei Bereichen statt. Schritt 1 wird mit Wärmedämmung, Raumlufttechnik und dem „Neuen Züchten“ gestaltet. Bei Schritt 2 kann man an die maximale Nutzung von Solarenergie und den Einsatz von Erdwärme denken.
Schritt 3 kann man durch WKK, Niedrigtemperaturnetze und Wärmepumpen gestalten.


Text: Thymian Kierkels. Fotos: Wilma Slegers en Studio G.J. Vlekke.

Quelle: http://hortinext.com/